Gedichte von Xenia Erdmann

Allzeit Nirwana?

Im leichten Licht des Mondes

wenn die Vögel vom Singen träumen,

schwimmen die Sterne im Meer

und oben in der Nacht.

Ihr schneehelles Gelingen,

das sie sich erdacht,

sucht die in Hoffnung gelösten

Vergänglichkeiten zu trösten.

Hoch auf Winden schaukelt das Aber,

Lover des stolzen Nie,

-Traumstrich voll Poesie

in den Wirbeln der Kosmogonie -,

und küsst, zur Ekstase bereit,

das Immer, den Lover der Zeit.

Kind Äon spielt Ball mit der Frage,

– die sich gelassen verlacht – ,:

„Erträumen sich Nächte die Sterne

oder Sterne die Nacht?“

Sein Singsang bevölkert die Sterne,

die der Wind wie Tamboure schlägt

und wie gelben Sand

in die Nächte trägt.

 

 

An Gott Amor

Wo ich den Blick hinwende,

die Erde: Dein Gelände:

ein Blühen ohne Ende.

Wo Blicke weiter schweifen –

durch Galaxienschleifen

und Gottes Sternenhände –

verzauberst Du die Strände

in all den Ewigkeiten,

die durch die Raumzeit gleiten?

Dein Lächeln – wenn ichs fände:

Es löschte meine Brände –

mit Wirrnis ohne Ende.

 

 

Der Hausmann

Sein Innres duftet wohlig warm

und groß wie Pferdeställe;

sein Äußres nach Penatencreme.

Das Saugen mag er –

aber nur am Staub der Sterne – ,

erstickt das plumpe Fragen

seiner heißen Hände:

„Siehst Du

MICH

zwischen all dem Staub?“

 

 

Durch Blick

Am wichtigsten

ist das Auge,

jedes Auge,

und beide im Quadrat.

Sie sind die Seele –

– die Welt,

sind Ich,

vor und hinter der Stirn –

den Galaxien-

jagen und sammeln sie,

vertiefen,

feinnervig,

das Licht

des Urknalls.

Störfall

Am See bleibt abends, sechs Uhr zehn,

eine Wodkapulle stehn.

Ein Schwan, der mitten in der Balz,

schlürft ex sie – mit erhobnem Hals;

flitzt kreischend und wie eine Klette,

mit Wassersportlern um die Wette

und wirbelt dann, breit lächelnd, Beat –

bis er im Mondschein, schwänisch müd,

in einen Hühnerstall verirrt,

lallt, einschläft; – plötzlich tierisch girrt,

riechend, im Dunkeln aufgewacht:

Haut – eines Körpers Nachbarschaft!

Und tief im haeutigen Vergnügen

fühlt er ein Huhn sich unterliegen.

Bald wird, dank dieser wüsten Nacht,

ein neues Tier zur Welt gebracht.

Als es den Hahn-Herrn überragt,

wird es vom Hühnerhof verjagt –

es flieht halbtot zum See hinaus.

Hier stoßen es die Schwäne aus.

In keinen Teichen, keinen Gossen

trifft es auf ähnliche Genossen.

Aufsässig sprengt es auch die Norm

durch ungewohnte Geistesform:

Es ist nicht spießig wie das Huhn,

dem nur Picken opportun;

ist nicht wie Schwäne ein Ästhet,

der stur auf Fengshui steht,

das Profane kühl verschmäht,

sich in Harmonien dreht

und nach Choreografen späht.

„Warum“, schwant ihm, „bin ich geboren

in diese Welt voll Aggressoren?

Und ist das fair: Ein Jemand wird,

weil zweie nachts verwirrt geirrt?

WER bin ich denn –

kein Schwan – kein Huhn -?“

Er findet so den Namen SCHWUN.

Erst träumt er von der großen Wende:

dem Liebesleben, das er fände.

Doch je – mit ihm mag keine vögeln,

diesen Schandfleck gar gern mögeln!

Mit Klarblick sehn Frau Schwan, Frau Huhn:

„Jede Brut mit DEM wird Schwun!“

Hier friert er,

hier will er nicht bleiben.

Er beschließt,

sich zu entleiben:

flattert vom Felsen

in die Flut.

Unterzugehen

fehlts an Mut.

„Wen kann ich bitten,

mich zu töten?“

lässt seine Federn

schamerröten.

Den Pfarrer zupft er flehentlich:

„Mildtätger Mann, erschlage mich!

Gib mein Fleisch dem Hungerleider

oder kauf ihm dafür Kleider!“

„Opferung“, nickt sanft der Pfaffe,

„ädel isch sä un rächtschaffe.

Blosch: Dä Gott, durch dän äsch rächnet,

hat Baschtárde nät gesächnet!

Weg da, sonst spärre mä dich ein!“

Am Horizont erscheint ein Schwein.

„Wie gut, hör zu, du starkes Vieh:

Friss mich als ‚Cotelette folie‘!

Hast ja einen guten Magen,

könntest mich sogar vertragen!“

„Klar, Fressen – immer! Stets bereit!

Zum Schlachten aber keine Zeit!

Kill dich selber – vorher nein!

Nachher gerne!“ grunzt das Schwein.

„Ach – Gott, nichts – nichts will mir gelingen –

kein Heldentod, kein Schwanensingen!

Kannst DU mir nicht Mitleid spenden

und das Umwelt-Sterben senden?“

Und wie ein großes Jeh-was-nun

schwimmt in den grauen Fluss der Schwun.

„Ick war nich wachsam, schäme mir!“

Hört er dort Gottes Bass?

„Flieg doch mit mir,

besondres Tier,

wir vögeln mit dem Spaß!

Wir pfeifen auf die Drachen,

verkleistern ihre Rachen

und heiraten das Lachen.

Das kosmische Gebäude

entstauben Wind und Freude.

Es schüttelt Schwun bis in die Schwingen.

Mit einem Mal hört er sich singen.